Langenfeld (ots) –

Die RAG-Stiftung sieht sich mit erheblichen finanziellen Einbußen konfrontiert, hervorgerufen durch die Krise bei Signa. Die Stiftung hat ihre Investitionen in den nun insolventen Signa-Konzern komplett wertberichtigt. Diese Abschreibung wird die Stiftung voraussichtlich einen Betrag im hohen dreistelligen Millionenbereich kosten.

„Stiftungen haben eine besondere Verantwortung, das ihnen anvertraute Vermögen zu schützen und nachhaltig zu mehren. Die jüngsten Ereignisse rund um die RAG-Stiftung verdeutlichen die Notwendigkeit einer umsichtigen und weitsichtigen Anlagestrategie“, so Sascha Drache, der als ‚Stiftungspapst‘ in der Branche bekannt ist und jährlich rund 100 Unternehmer bei der Gründung einer Stiftung berät.

RAG-Stiftung: Hintergrundgeschichte

Um von Anfang an zu beginnen: Was ist die RAG-Stiftung und was genau ist passiert? Die RAG-Stiftung ist im Jahre 2007 aus dem Ruhrgebiet hervorgegangen – also einem Gebiet, das lange Zeit das industrielle Herz Deutschlands bildete. Sie hat die Aufgabe, die Folgekosten des Bergbaus zu tragen. Dies umfasst nicht nur die Bewältigung von Bergschäden, sondern auch die Gewährleistung des Grubenwassermanagements sowie die Finanzierung von Pensionsverpflichtungen ehemaliger Bergleute. In ihrer Satzung sind folgende Zwecke festgelegt:

– Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben aus dem deutschen Steinkohlenbergbau der RAG Aktiengesellschaft: Grubenwasserhaltung, Poldermaßnahmen und Grundwasserreinigung.
– Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur in den ehemaligen Bergbauregionen an Ruhr, Saar und in Ibbenbüren, soweit dies im Zusammenhang mit dem deutschen Steinkohlenbergbau steht.

Um diesen Verpflichtungen nachzukommen, investiert die Stiftung aktiv in verschiedene Branchen und Projekte, die sowohl ökonomischen Mehrwert als auch sozialen Nutzen generieren sollen. So entschied der damalige Stiftungsvorstand 2017, bei Signa Prime einzusteigen. „Wenn man zu diesem Zeitpunkt in hochkarätige europäische Immobilien investieren wollte, führte an Signa kein Weg vorbei“, sagt der heutige Stiftungsvorstandsvorsitzende Tönjes. Eine mögliche Insolvenz des Signa-Konzerns sei zu dem Zeitpunkt nicht absehbar gewesen.

Doch auch unmögliche Dinge werden manchmal möglich. Die milliardenschwere Signa Holding des österreichischen Immobilien- und Handelsunternehmers René Benko hat Insolvenz angemeldet. Sie ist wegen gestiegener Zinsen, Baukosten und Energiepreise in wirtschaftliche Schieflage geraten. Die RAG-Stiftung hat dadurch zwischen 180 Millionen und 350 Millionen Euro verloren. Das mag auf den ersten Blick dramatisch klingen. Wie sieht es aber in Wirklichkeit aus?

RAG-Stiftung – der aktuelle Stand der Dinge

Die Turbulenzen rund um die Signa-Krise werfen Fragen bezüglich der Risikomanagement-Praktiken und Investitionsstrategien der RAG-Stiftung auf. Wie konnte eine Institution, die auf der soliden Basis der deutschen Industriegeschichte und mit einem so wichtigen sozialen und wirtschaftlichen Auftrag steht, in eine solche Situation geraten? Dieser Fall beleuchtet nicht nur die Herausforderungen, mit denen sich große Stiftungen bei der Kapitalanlage konfrontiert sehen, sondern eröffnet auch eine Diskussion über die Notwendigkeit von Transparenz, Diversifikation und strategischer Vorsicht in der Vermögensverwaltung.

Trotz der medialen Aufmerksamkeit rund um Signa und allen dramatischen Tönen in der deutschen Presse lässt sich die aktuelle Situation in der RAG-Stiftung nicht schwarz malen. Obwohl die Stiftung ihre Investitionen verloren hat, ist ihre Jahresbilanz 2023 mit etwa 17,6 Milliarden Euro positiv. Mehr noch: Investments haben sich anfangs sehr positiv entwickelt. So sind rund 60 Millionen Euro an Dividenden zurückgeflossen, über einen Teilverkauf später noch einmal 20 Millionen Euro. Außerdem hat die Stiftung bei Signa nur in Immobilien investiert – und das in Premiumlagen wie dem Goldenen Quartier in Wien. Diese Werte sind alle noch existent und können sogar zu Vorteilen für die Stiftung werden, wenn Ansprüche von Gläubigern im Insolvenzprozess von Signa fair behandelt werden.

Konsequenzen für Stifter

Was können Stifter, beziehungsweise angehende Stifter, aus dieser Geschichte lernen? Der wichtigste Begriff, den die Stifter lernen sollen, ist: Vermögenserhalt. Es geht dabei nicht nur um Management-Skills. Sogar in rechtlicher Hinsicht ist das „oberste Ziel“ der Vermögensanlage für deutsche Stiftungen die Erhaltung des Stiftungskapitals. Dies bedeutet, dass Stiftungen, egal ob sie privat oder gemeinnützig sind, ihre Investitionen so wählen müssen, dass die Substanz des Stiftungskapitals zu keiner Zeit gefährdet ist. Das deutsche Stiftungsrecht macht keine spezifischen Vorgaben zum Sicherheitsniveau der Vermögensanlagen. Es gilt lediglich der allgemeine Grundsatz, dass Stiftungsgelder „nach den Grundsätzen einer sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen sind.“

Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Neben dieser Hauptaufgabe ist es auch Ziel der Stiftungen, mit ihrem Kapital Einkünfte zu generieren, was sie den besonderen Herausforderungen der privaten Wirtschaft aussetzt. Angesichts der aktuellen Marktsituation ergibt sich für Stiftungen im Feld der Vermögensanlage ein Dilemma: Einerseits sind sie rechtlich zur Kapitalerhaltung verpflichtet, weshalb eine konservative, risikoarme Anlagestrategie naheliegt. Andererseits können ausreichende Einnahmen zur Kapitalerhaltung in der Regel nur durch das Eingehen von grundsätzlich höheren Risiken bei der Anlage erzielt werden. Aus diesem Grund stehen Stiftungen vor der anspruchsvollen Aufgabe, eine Balance zwischen Sicherheit und Risiko zu finden. „Wer den Verlust fürchtet, der kann keine Gewinne machen“, sagte US-amerikanischer Multimilliardär George Soros.

Der Fall der RAG-Stiftung bietet wertvolle Einsichten

Für angehende Stifter bietet der Fall der RAG-Stiftung wertvolle Einsichten in den Umgang mit finanziellen Herausforderungen. Es ist eine Erinnerung daran, dass strategische Diversifikation, fundierte Marktanalysen und eine flexible Anpassungsfähigkeit an neue Situationen essentiell sind, um das Stiftungskapital nicht nur zu bewahren, sondern auch zu mehren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Risiken klug zu managen, ohne dabei die Chancen für positive Entwicklungen aus den Augen zu verlieren.

Stifter sollten sich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen, sondern sie als Chance zur Optimierung ihrer Strategien begreifen. Die Fähigkeit, aus unvorhergesehenen Situationen zu lernen und proaktiv zu handeln, ist entscheidend. Ein umsichtiges Risikomanagement gepaart mit der Bereitschaft, neue Wege zu gehen, kann dazu führen, dass Stiftungen nicht nur ihre Ziele erreichen, sondern auch einen dauerhaften positiven Einfluss auf ihre Destinatäre im Einzelnen und die Gesellschaft im Allgemeinen haben.

Indem Stifter eine klare Vision verfolgen und gleichzeitig offen für Anpassungen bleiben, können sie sicherstellen, dass ihre Stiftung resilient bleibt und langfristig erfolgreich ist. Der Fall der RAG-Stiftung und die Signa-Krise lehren, dass Vorsicht und Mut keine Gegensätze sein müssen, sondern gemeinsam den Weg für nachhaltigen Erfolg ebnen.

Über Sascha Drache:

Sascha Drache ist Experte für das Stiftungswesen. Er ist seit vielen Jahren in der deutschen Stiftungswelt unterwegs und gilt gemeinhin als der deutsche Stiftungspapst. Mit seiner Beratung in Sachen Stiftungsgründung unterstützt er den deutschen Mittelstand. Dabei begleitet der Experte seine Klienten über die gesamte Phase der Gründung und unterstützt sie dabei, die Stiftung auf einem festen Fundament zu errichten, um den Aufbau und Schutz des Vermögens langfristig sicherzustellen. Mehr Informationen dazu unter: https://www.stiftung.de/

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