Die Niederlage im Davis Cup gegen die Schweiz zeigte einmal mehr, dass das deutsche Tennis in der Spitze in einer kleinen Krise steckt. Zwar spielen rund 1,4 Millionen Menschen in Deutschland Tennis und die Mitgliederzahlen steigen, doch während es in der Breite gut läuft, haben die Profis auch im Jahr 2023 ihre Anlaufschwierigkeiten.

Die Rückkehr von Alexander Zverev auf den Tennisplatz wurde groß gefeiert, gilt er doch als deutscher Hoffnungsträger und der aktuell einzige ernstzunehmende Kandidat für einen Grand-Slam-Erfolg. Doch wer seine Tennis Wetten auf den gebürtigen Hamburger abgeschlossen hat, durfte sich noch nicht über einen warmen Geldsegen freuen, denn bei den Australian Open war früh Schluss und auch im Davis Cup lief es mittelmäßig.

Wir schauen in diesem Artikel darauf, welche deutschen Tennis-Stars im Jahr 2023 groß rauskommen und für Furore sorgen könnten. Insgesamt spricht zwar wenig dafür, dass die ganz großen Titel an Spieler aus Deutschland gehen, aber die eine oder andere Überraschung könnte drin sein.

Alexander Zverev

Nach seinem Ausscheiden bei den Australian Open monierte Zverev, dass er noch nicht körperlich auf der Höhe gewesen sei, als er gegen US-Amerikaner Michael Mmoh verlor. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn seit seiner bitteren Verletzung bei den French Open im vergangenen Jahr, konnte er kaum Spielpraxis auf hohem Niveau sammeln.

Allerdings hat Zverev, der letztes Jahr seine Diabetes-Erkrankung öffentlich machte, schon oft gezeigt, was in ihm steckt und gerade bei Masters-Turnieren hat er seine Form oft unter Beweis gestellt. Vielleicht wird es ihm in diesem Jahr wieder gelingen, an die guten Leistungen der letzten Jahre anzuknüpfen. Für einen Grand Slam wird es wohl aber (noch) nicht reichen.

Oscar Otte

Die deutsche Nummer zwei ist derzeit Oscar Otte. Der Shootingstar der letzten 1,5 Jahre stand aber schon mal deutlich höher im Ranking und ist jetzt wieder klar aus den Top 50 der Welt gefallen. Daher muss Otte sich auch bei niedrigklassigen Turnieren immer wieder durch die Quali kämpfen, was natürlich Kraft kostet.

Wenn sich Otte stabilisiert und wieder die Top 50 erreicht, wird das dafür sorgen, dass er wieder mehr Erfolge sammeln kann. Für eine Überraschung ist er auf jeden Fall immer gut, denn mit seinem Aufschlag ist er schwer zu breaken.

Altmaier, Struff & Co

In der zweiten Reihe stehen mit Daniel Altmaier, Jan-Lennard Struff, Yannick Hanfmann und ein paar Spieler bereit, die sich dieses Jahr wieder fest in den Top 100 etablieren möchten. Der Weg dorthin ist aber nicht einfach, weil dafür entweder Siegesserien auf der Challenger-Tour oder Überraschungserfolge bei 500er- oder Masters-Turnieren notwendig sind, um die dringend erforderlichen Punkte zu sammeln.

Besonders Jan-Lennard Struff plagte in der vergangenen Saison oft die im Tennis viel zitierte Angst vor dem Gewinnen, denn trotz 1:0-Satzführung brachte er häufig das Match nicht über die Ziellinie. Auch Altmaier, Hanfmann & Co blieben zu oft hinter ihren Möglichkeiten. Wenn sie mehr Konstanz in ihre Leistungen bringen, können sie ganz oben mitspielen.

Jule Niemeier

Die Dortmunderin Jule Niemeier ist aktuell die bestplatzierte deutsche Spielerin, ist aber noch weit davon entfernt, eine Titelkandidatin bei den Majors zu sein. Wenn sich die 23-jährige stabilisiert, kann sie sicher in die Top 30 vorstoßen, aber mehr sollten wir in diesem Jahr noch nicht erwarten.

Das Problem bei Niemeier war zuletzt, dass sie vereinzelt schon große Namen geschlagen hat, aber dann die Kraft fehlte, um den Triumph zu vergolden. Die nötigen Schläge hat sie auf jeden Fall – jetzt müssen nur noch die Erfolge auf dem Platz kommen!

Tatjana Maria

Knapp hinter Niemeier steht Tatjana Maria. Während Niemeier noch viele Jahre vor sich haben dürfte, geht es für Maria vielleicht in ihre letzte Saison. Diese möchte die 35-jährige noch einmal voll auskosten und am besten mit einem Titel krönen.

Doch ob die Physis dafür ausreicht, darf angezweifelt werden. Der Druck der jüngeren Spielerinnen ist enorm. Für einen Überraschungserfolg ist Maria aber auf jeden Fall immer zu haben und auch im Fed-Cup-Team könnte sie eine wichtige Rolle spielen.

Eva Lys

Mit ihrer Qualifikation für das Hauptfeld der Australian Open ließ Eva Lys die Tenniswelt aufhorchen. Noch hat sich das Talent nicht in die Top 100 gespielt, aber dieses Ziel dürfte sie dieses Jahr erreichen, wenn sie so weiter spielt.

In Eva Lys hat der DTB endlich mal wieder eine jüngere Spielerin, die als Zugpferd für den Nachwuchs in diesem Sport dienen könnte. Das ist wichtig, weil das Durchschnittsalter der anden Profispielerinnen eher knapp über dem Zenit des Damentennis liegt.

Kerber, Siegemund & Co

Es gibt mit Kerber und Siegemund neben Tatjana Maria noch zwei weitere Profi, die mutmaßlich ihre letzte(n) Runde(n) im Profitennis drehen. Davon noch etwas entfernt sind Tamara Korpatsch und Anna-Lena Friedsam, die beide noch unter 30 sind und damit gerade das beste Tennisalter durchleben.

Fakt ist jedoch, dass es extrem schwierig wird, in dem Alter dieser Spielerinnen noch einmal eine Leistungsexplosion zu forcieren. Weil im Damentennis aber schon häufiger unter Beweis gestellt wurde, dass eigentlich jeder jeden schlagen kann, sollte man diese Spielerinnen aber auch noch nicht abschreiben.

Zumal unter anderem mit Ash Barty, der Wimbledon-Siegerin von 2021, mal wieder klar wurde, dass bei den Damen ein Karriereende sehr plötzlich kommen kann. Die Vorherrschaft in den Rankings wird daher schnell durcheinandergewirbelt.

Chancen im Doppel für deutsche Spieler

Während Laura Siegemund die einzige richtig gute deutsche Doppelspielerin mit Grand-Slam-Chancen sein dürfte, sind mit Mies, Pütz und Krawietz gleich drei deutsche Akteure bei den Männern in den Top 30 gelistet.

Es dürfte nur noch zu diskutieren sein, in welcher Konstellation die Spieler die besten Chancen auf den ganz großen Triumph haben. Das Doppel bestehend aus Mies und Krawietz, auch KraMies genannt, trennte sich zuletzt. Mies tritt nun mit anderen Partnern an, kann aber natürlich trotzdem Titel für sich selbst (und Deutschland) erringen.

Fazit: Das Tennisjahr 2023 wird spannend!

Abschließend lässt sich festhalten, dass das deutsche Spitzentennis in der Breite gut aufgestellt ist. Sowohl bei den Damen als auch bei den Herren fehlt leider ein richtiger Champion mit Grand-Slam-Format, doch im Tennis ist immer einiges möglich, sodass wir vielleicht den einen oder anderen Triumph sehen werden.

Die besten Chancen auf einen richtig großen Titel haben deutsche Spieler vermutlich im Doppel. Doch wenn Zverev wieder in die Spur kommt, könnte er ein großer Hoffnungsträger für einen Masters- oder Grand-Slam-Erfolg werden.